
Für Ueli Gyr zum 80. Geburtstag
Laudatio zum 80. Geburtstag von Ueli Gyr am 1. Juni 2025
Bernhard Tschofen
Es ist mir eine Freude, unserem Ehrenmitglied Ueli Gyr im Namen der EKWS zum 80. Geburtstag gratulieren zu dürfen.
Ueli Gyr ist seit fünfzehn Jahren emeritierter Ordinarius für Volkskunde an der Universität Zürich. Er war 1982 bis 2010 Mitglied des Vorstands und ist seit 2018 Ehrenmitglied der EKWS, eine Auszeichnung für seine Verdienste um Fach und Gesellschaft und sein kontinuierliches Engagement, das mit dem Antritt der Assistenz 1973 schon mehr als fünf Jahrzehnte zurückreicht. Erst 2015 übergab Ueli Gyr nach 33 Jahren (und 66 Heften mit 476 Veröffentlichungen) die Redaktion des Schweizerischen Archivs für Volkskunde.
Ueli Gyr ist eine Persönlichkeit, die wie kaum jemand sonst für unser Fach in der Schweiz und die Gesellschaft steht. Ihre Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte ist mit seinem vielfachen Wirken eng verbunden.
Ueli Gyrs akademische Vita und die Liste seiner Projekte und Veröffentlichungen sind in der differenzierten Würdigung «Über Grenzen gehen und zum Eigenen finden» von Gabriela Muri nachzulesen, die anlässlich des 65. Geburtstags in der ihm gewidmeten Festnummer «Alltagsglück» des Archivs erschienen ist. Hier sollen Akzente auf Fachverständnis und Arbeitsweise einerseits, Leistungen für Fach und Öffentlichkeit andererseits gesetzt werden – ich packe dies in zwei Aporien, um schliesslich noch ein Schlaglicht auf die Persönlichkeit unseres Ehrenmitglieds zu werfen.
Der spezialisierte Generalist – generalistische Spezialist
Ueli Gyr hat in über fünfzig Jahren ein immenses Spektrum an Themen bearbeitet. Aus einer gegenständlichen Perspektive betrachtet, kann man dahinter fast den ganzen – wohlbemerkt erneuerten – Kanon der Volkskunde erkennen. Man merkt, dass Ueli Gyr noch jener Generation angehört, die, ausgehend von den klassischen Wissensbeständen des Faches, ihre Fühler nach neuen Themen, Fragen und Zugängen ausstreckte und damit dem Fach wieder eine anerkannte Stellung in der Wissenschaftslandschaft zu verleihen half. Was die Arbeiten von Ueli Gyr über die Felder von Mobilität, Identität/Alterität, urbaner und regionaler Lebenswelt, Alltagsästhetik und Symbolwelten (um nur ein erstes Bündel zu nennen) hinweg zusammenhält, ist ein konsequent von der Gegenwart her fragendes Interesse an den Spuren und Bedingungen gesellschaftlicher Dynamiken in der alltäglichen Lebenswelt und ihren vordergründig oft banalen oder wenig augenscheinlichen Erscheinungen.
Den Generalisten erkennt man dabei weniger an der Breite der bearbeiteten Gegenstände, sondern vielmehr an der tief- und weitreichenden Expertise ihrer Bearbeitung, in der – trotz Gegenwartsorientierung und eines sozialwissenschaftlich geprägten Denkstils – die fundierte historische Argumentation ebenso ihren Platz hat wie das Verfügen über literarische und andere Medien kollektiver Gedächtnisse.
Der 2013 erschienene Sammelband «Schnittstelle Alltag. Studien zur lebensweltlichen Kulturforschung» dokumentiert auf über 400 Seiten die Schwerpunkte, die Ueli Gyr in Forschung und Lehre ausgebildet hat. Ich erwähne hier nur die von der Kulturwissenschaft lange vernachlässigte Tourismusforschung, zu deren sichtbarsten und produktivsten Vertretern im deutschen Sprachraum er über Jahrzehnte gehörte; ich erwähne die Stichworte «Kitsch» und «Ethno», die beispielhaft stehen für ein ganzes Konvolut von über die Jahre entwickelten Untersuchungen. In ihnen hat Ueli Gyr immer wieder differenziert vorgemacht, was ein akteurszentrierter Blick auf die Modi alltagsästhetischen Erfahrens ermöglicht. Er ist damit zum Vorreiter einer spezifisch kulturwissenschaftlichen Beschäftigung mit Ästhetiken, Medien und Symbolen in spätmodernen Alltagen geworden.
Die Spezialisierung sehe ich aber bei Ueli Gyr – und ich denke, das trifft sich einigermassen mit seiner Selbsteinschätzung – weniger in der thematischen Häufung als in der von seinem Kulturverständnis herrührenden Konzentration auf die kommunikativen Dimensionen alltäglicher Praktiken und Repräsentationen. Deutlich steht bei ihm ein auf die interaktive Seite des Kulturellen fokussierender theoretischer Standpunkt im Vordergrund, ein Interesse für das kommunikative Handeln und Aushandeln von Weltsicht und Selbstverortung in gesellschaftlichen Mikrobereichen. Das bringt die Handlungsweisen, Muster und Zeichen zum Vorschein, mit denen sich Menschen im Alltag oft in Routinen und augenscheinlicher Selbstverständlichkeit orientieren und positionieren.
Der solide Erneuerer – innovative Fortführer
Neben dieser Ambivalenz von Generalismus und Spezialisierung sehe ich in Ueli Gyrs Schaffen ein weiteres wichtiges Spannungsverhältnis, nämlich jenes von Tradition und Erneuerung, solidem Arbeiten und innovativem Herangehen. Es zeigt sich nicht allein in seinem wissenschaftlichen Œuvre, sondern vor allem auch in seinem Wirken für das Fach in der Universität und der Öffentlichkeit. Er gehört in seinen Texten nicht zu jenen, die mit spekulativen Ideen an die Öffentlichkeit treten, sie sind vielmehr immer solide empirisch abgesichert und sogar in den kleinen Formen wissenschaftlichen Schreibens systematisch argumentiert und belegt. Man merkt ihnen an, dass sich Ueli Gyr für seine Veröffentlichungen Zeit lässt, die Vielschreiberei stets gemieden hat. Nichts ist mit heisser Nadel gestrickt, alles erscheint bei aller Begeisterung für das Neue und das Bemühen um zeitgemässe Deutungen mit etwas Abstand nochmals gut durchgearbeitet und geprüft. Das ist gewissermassen die Arbeitsweise des Redaktors, der fremden und eigenen Texten die grösstmögliche Sorgfalt angedeihen lässt.
In ähnlicher Weise hat er in den langen Jahren seiner Herausgeberschaft das Schweizerische Archiv für Volkskunde positioniert und damit einen wichtigen Beitrag zur Wahrnehmung des Faches in der Wissenschaftslandschaft und erweiterten Öffentlichkeit geleistet. Sein Verständnis von Volkskunde als empirisch arbeitender Kulturforschung war auch massgeblich in der von ihm verantworteten geschickten Hinführung des Faches am Standort Zürich zu den aus Volkskunde und Europäischer Volksliteratur hervorgegangenen Populären Kulturen. Am Ende seiner 15jährigen Laufzeit als Lehrstuhlinhaber und Seminarvorsteher schuf er damit die Grundlagen für den beispiellosen Aufschwung und Ausbau des Faches, dem es letztendlich auch seine gegenwärtige Grösse verdankt. Die Reputation, die es heute in der Universität und Fakultät besitzt, hat mit seinem jahrelangen beharrlichen, aber immer ganz unaufgeregten Einsatz zu tun, seine Wahrnehmung in der internationalen Community auch mit Ueli Gyrs Mitarbeit im Hauptausschuss der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde (1991–1998), im Board der internationalen Zeitschrift «Ethnologia Europaea» (1990–2012) und nicht zuletzt als Organisator des 3. Kongresses der SIEF – Société Internationale d’Ethnologie et de Folklore «The Life Cycle» 1987 in Zürich.
Überhaupt sind viele der Spuren, die Ueli Gyr zeit seines beruflichen Wirkens hinterlassen hat, wenig sichtbar. Seine lange Veröffentlichungsliste enthält zahlreiche interne Publikationen, für seine Vorgänger auf dem Lehrstuhl hat er umfangreiche Würdigungen und ihre Bibliografien zusammengestellt. In einer Zeit, in welcher der Qualifikations- und Exzellenzdruck den Typus der (überwiegend männlichen) akademischen Diva zur am meisten verbreiteten Spezies macht, ist eine solche Haltung zum universitären service public selten geworden. Von Ueli Gyr kann man lernen, dass selbstbewusste Wissenschaft nichts mit Standesdünkel zu tun haben muss. So habe ich das erlebt, als ich ihm als junger Absolvent Anfang der neunziger Jahre erstmals begegnet bin, und vor Jahren wieder, als er mich bei den Männern des Betriebsdienstes im Kollegiengebäude vorgestellt hat: eine Begegnung auf Augenhöhe, ein Türöffner.
Fröhlich-menschliche Wissenschaft des Alltags
Von dieser Kollegialität war auch sein Einsatz für den wissenschaftlichen Nachwuchs geprägt. Als Betreuer und Vorgesetzter hat er bei einem guten Gespür für Qualität und Talent den Doktorierenden und Assistierenden viel Freiheit in der Wahl ihrer Themen und Entwicklung ihrer Profile gelassen. Das Spektrum der von Ueli Gyr herausgegebenen 20 Bände der Zürcher Beiträge zur Alltagskultur lässt daran keinen Zweifel. Diese sicher auch von anderen mitgetragene Arbeitsatmosphäre – in der Teamgeist und Verantwortungsbereitschaft vor Leistungsdruck und Karriere stehen – ist dank personeller und struktureller Kontinuitäten in den Populären Kulturen noch heute, fünfzehn Jahre nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst, zu spüren. Dabei haben es einige von ihm Geförderte bis zur Professur gebracht.
Die Verbundenheit von Fach und Umfeld mit Ueli Gyr kommt nicht zuletzt in den beiden Festschriften zur Geltung, die ihm zum 60. respektive zum 65. Geburtstag und Rücktritt vom Lehrstuhl gewidmet worden sind. Sie heissen «Alltagsküche» und «Alltagsglück» und nehmen damit nicht nur fachlich den Bezug zu seinem Œuvre auf, sondern auch zu seiner Persönlichkeit und seinen Neigungen. Als begeisterter Koch, als Sportler, als Geniesser und Kenner blitzen hinter all der kontrollierten Diszipliniertheit, hinter all der ethnografischen Introspektion auch die persönlichen Freuden am Alltäglichen auf. Spricht Ueli Gyr über seine leidenschaftliche Affinität zum Automobil, entlockt er seinem neuen Wunderding von E-Piano nuancenreiche Klangwelten, erzählt er von den Tücken des Golfspiels, so merkt man rasch, dass er auch hier die verschiedensten Register beherrscht: Emotion und Bewunderung, Humor und Beherrschtheit, aber auch Selbstbeobachtung und Distanz – ganz so wie es sich für einen aus der Erfahrung der eigenen Lebenswelt schöpfenden Alltagsforscher gehört.
Lieber Ueli, wir sind dankbar für all das, was du für Fach und Gesellschaft getan hast, und wünschen dir zu deinem 80. Geburtstag alles Liebe und Gute!


Durch deine Vorlesungen hast du mir die Neugierde auf die Erforschung des Alltäglichen geweckt – vielen Dank dafür, lieber Ueli. Diese Faszination begleitet mich nach über 20 Jahren auch als Kuratorin noch immer. Alles Gute zum Geburtstag!
Elisabeth Abgottspon

Es ist Jahrzehnte her, doch unvergesslich. Von Basel reiste eine kleine Gruppe nach Zürich für einen Anlass bei der Volkskunde (was damals an beiden Orten von einigen Leuten als nicht selbstverständlich angesehen wurde). Ueli Gyr hielt seine Antrittsvorlesung. Die auf Theorien und Strukturen verweisende und gleichzeitig in Alltagsbeispielen konkretisierte Auslegeordnung unseres Faches, eloquent und reichhaltig vorgeführt, das war eine echte Wohltat und wieder mal eine klare Orientierung. Danke Ueli.
Werner Bellwald

Ueli Gyr ist einer der Wenigen, der das am Zürcher Seminar über Jahrzehnte gepflegte Zeitungsarchiv konsequent genutzt hat, um dessen Relevanz für verschiedene Thematiken in wegweisenden Artikeln herauszuschälen. Damit hat er auch die unendlich vielen Stunden vieler Mitarbeitenden gewürdigt, die ich als Studentin in den späten 1970er Jahren noch Zeitungen zerlegen und einordnen sah.
Regina Bendix

Ob in den Weiten der französischen Hochalpen (Arvieux) oder der ungarischen Tiefebene (Átány) – das war prägend für ein ganzes Leben. Das ist Nachhaltigkeit. Herzliche Glückwünsche zu deinem Geburtstag, lieber Ueli!
Peter Bretscher

Nachdenklich, unerschrocken und mit Spass die immer neuen Alltäglichkeiten zu entdecken, zu prüfen und zu ordnen – so sehe ich das akademische Credo von Ueli Gyr. Es hat reiche Ernte gebracht. Herzlichen Glückwunsch!
Christine Burckhardt-Seebass

Einer der ersten Texte, die mir die Empirische Kulturwissenschaft eröffneten, war von Ueli Gyr und handelte von der Kultur der Tourist:innen. Ich las diesen Aufsatz in meinem ersten Semester der Europäischen Ethnologie an der Humboldt-Universität. Während wir über den «Tourismus ins Neue Berlin» diskutierten, schauten wir auf den Schiffbauerdamm und auf die Reisegruppen, die zu Fuss, im Bus oder im Boot auf der Spree an uns vorbeizogen. Ich muss zugeben, dass wir gegenüber diesen «Touris» (von denen die meisten, wie wir Studierende selbst, sichtbar «aus der Provinz» kamen) intuitiv ein gewisses studentisches Überlegenheitsgefühl empfanden, mittels dessen wir uns vermutlich unserer Zugehörigkeit zu Grossstadtkultur, Wissenschaft und «kritischer» Haltung zur Welt zu vergewissern versuchten. Was einer solchen Haltung alles entgeht, wenn sie vorreflexiv bleibt, und was es heissen kann, sich auf Alltägliches tatsächlich einzulassen: das haben wir in diesem Moment – und in vielen anderen – von Ueli Gyr gelernt.
Moritz Ege

Ueli Gyr hat meine fachlichen Anfänge und beruflichen Tätigkeiten immer sehr interessiert verfolgt und wohlwollend begleitet. Wenn etwas davon nicht unbedingt seinen eigenen Vorstellungen entsprach, formulierte er seine Kritik so diskret, dass sie ihren Weg in meine Arbeit finden konnte. Dass ich mit Konrad Kuhn seine Nachfolge in der Herausgabe des Schweizerischen Archivs für Volkskunde antreten durfte, ist für mich ein sehr schönes Ergebnis von Uelis langen Jahren der Mentorschaft.
Sabine Eggmann

Die Alpen, am Beispiel Derborance, und Strukturalismus, das waren Stichworte unserer Studienzeit. Du hast es verstanden, die beiden zusammenzubringen und in der Schweizer Volkskunde zu verankern. Damit hast du der Volkskunde im 21. Jahrhundert einen neuen, theoretisch fundierten Platz zugewiesen – Dankeschön!
Maja Fehlmann

Die akademische Woche startete für mich am Montag um 10:15 mit der Vorlesung von Ueli Gyr und das während vielen Jahren. Seine Vorlesungen stellten einen Reichtum an volkskundlich-kulturwissenschaftlichem Wissen dar, dank denen ich viel lernen konnte über Theorien und ihre Reichweite, mit Konzepten wie Diskurs, Habitus und Dispositiv vertraut wurde. Aber auch zu klassischeren Themen wie der Fachgeschichte der Schweiz, Bräuchen oder spezifisch von Ueli gepflegten Themen wie Kitsch konnte ich sehr viel mitnehmen für meine eigenen Forschungen.
Meret Fehlmann

Mit Freude und Dankbarkeit erinnere ich mich an die vielen schönen Jahre mit dir am Zürcher Institut, lieber Ueli, an deinen feinsinnigen Humor und deine pointierten Analysen zu Aspekten von Kitsch und Tourismus (hierzu ein klavierspielender Enterich für dich zum 80. frisch aus dem «Rubber Duck Store» aus Amsterdam). Unvergessen bleibst du mir auch als exzellenter Gastgeber, der seine Gäste nicht nur mit Speis und Trank zu verwöhnen wusste, sondern auch mit den neuesten Golf-Witzen und Improvisationen am E-Piano bestens zu unterhalten verstand. Vielen Dank für alles, lieber Ueli!
Brigitte Frizzoni

Ueli Gyrs äusserst galante Erscheinung ist mir schon als Student aufgefallen. Zu viert sassen wir jeweils in der ersten Reihe in seinen Vorlesungen, von wo wir einen privilegierten Blick auf seine stets schicke Kleidung hatten, mitsamt seinem Ohrring, der bisweilen neckisch im Diaprojektoren-Licht aufblitzte. Seine Erscheinung fand ihre Entsprechung in einer ebenso eleganten Ausdrucksweise: die Wortwahl immer präzise und pointiert – mündlich wie schriftlich –, reflektiert, angenehm, höflich, nie laut. Dieser Eindruck bestätigte, ja vertiefte sich noch, als ich nach ein paar Jahren ausserhalb der Uni als Oberassistent ans Institut zurückkehren durfte, und blieb auch nach Ueli Gyrs Emeritierung bestehen, als er auf dem Weg zu einer Recherche in der Bibliothek oft kurz Halt machte, um Hallo zu sagen, um sich über neue Entwicklungen im Fach, an der Uni oder über unsere Forschungen auszutauschen. Ein Hoch auf diesen liebenswürdigen Grandseigneur und alles Liebe zum 80. Geburtstag!
Mischa Gallati

Da sind die Erinnerungen an viele anregende Gespräche über gemeinsame Themen wie der nonverbalen Kommunikation. Und Uelis Fähigkeit zu unkonventionellen Thematisierungen und einer feinen Ironie machten jede Begegnung zu einem Vergnügen. Und schliesslich denke ich immer noch an den nicht getanzten Tango, den wir in Marseille auf der SIEF-Tagung vereinbart haben.
Silke Göttsch-Elten

Ueli hat mir zwei schöne Begriffe geliehen: Lebenswelten und Lebensweisen. Er hat mir die träfsten Witze erzählt, mich zu genauem Lesen und Schreiben angehalten und mir klargemacht, dass Tennis einem alles über das Leben lehrt.
Martin Heule

Das Werk wie der Mann: klug, differenziert, sehr menschlich, genau und humorvoll – mit Sätzen, die der Leser nie vergisst:
Kitsch hockt nicht im Gartenzwerg, sondern zwischen mir und diesem, einmal näher da, einmal eher dort.
Als Witzfigur ist der Tourist im Durchschnitt ein Unterlegener, er wird in ungezählten Interaktionen herausgefordert, um letztlich mit Spott zu verlieren.
Hans-Otto Hügel

Vom Kitsch über Beizen bis hin zum Gartenzwerg war dir neben deinen wichtigen grundsätzlichen Fachinteressen kein Thema zu unbedeutend. Was aber wohl kaum jemand im Rückblick würdigen dürfte, waren deine Backkünste als Oberassistent, die wir Assistent:innen sehr geschätzt haben. Viel Glück zum Geburtstag!
Marianna Jäger

Für Ueli:
Viel erforscht und viel studiert,
viel geschrieben und viel doziert,
viel ersorgt und viel erledigt,
viel erlebt und viel vergessen.
Was bleibt? Erinnerungen: viele – gute – liebenswerte.
Kathrin Kofmehl

Ueli, du lehrtest uns, wie man sich dem Alltag in all seinen Facetten nähert – unaufgeregt, aber nichtsdestotrotz leidenschaftlich. Du vermitteltest uns, das Bestehende zu wertschätzen, ohne sich dem Neuen zu verschliessen. Und du hieltest uns dazu an, sowohl unbändig in alle Richtungen zu denken als auch demütig überschaubare Ausschnitte des grossen Ganzen minutiös abzuzirkeln.
Sibylle Künzler und Tobias Scheidegger

In meinem Studium der Volkskunde in Zürich habe ich eine lebensnahe, offene und menschenfreundliche Disziplin kennengelernt – ganz so, wie ich seither auch Ueli Gyr erlebe, zuerst als Professor, später dann auch als Kollege und Freund. Von Herzen nur das Beste zum Geburtstag!
Konrad Kuhn

Unglaublich: Ueli wird 80! Wir sind derselbe Jahrgang – und dieselbe «Volkskunde-Generation». Wir sahen uns auf Kongressen, ab 1991 bei den schönen, anstrengenden Sitzungswochenenden der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde. Ueli war «zugewähltes Ausschussmitglied aus dem Ausland». Er war anders als die «deutschen Volkskundler». Als Dialektologe und Richard-Weiss-Schüler zu der Zeit, auch für uns aus Tübingen, ein Unikat: interdisziplinär offen und doch ganz traditionell – vom «Welschland» bis zu «Heidi»! War er deshalb auch so auffallend anders – als Typ? Sportiv, elegant, weltläufig? Dem Tennissport und feinen Autos zugewandt war auch mein Mann Peter: So wurde – bei jährlichen Ferien im Wallis – der Kollege Ueli auch zum gemeinsamen Freund. Und das geliebte Fach, Privates, Neugier und die Freude an der Welt zum Freundschaftsband. Bis heute. Danke, lieber Ueli! Mit allen guten Wünschen, in herzlicher Verbundenheit
Gix, Christel Köhle-Hezinger

Ueli habe ich ausgestattet mit einem verlässlichen Stil-Seismographen beim Schreiben wie auch beim Reisen, dem Essen oder den Klamotten, dem Leben, wahrgenommen. Das verbindet sich mit seiner Art, interessiert Phänomene als der beschreibenden Analyse wert zu registrieren und dabei auch auf sich selbst zu schauen. Seine Themen, auch banale, fallen ihm en passant, doch geschult teilnehmend, ins Auge. Immer sind wir Teil des Feldes, das wir beforschen. Alle guten Wünsche und herzliche Grüsse
Konrad Köstlin

In den 1980er Jahren bin ich als Student mit Ueli Gyr auf Exkursion in die französischen Alpen gefahren, nach Arvieux. Hier lernte ich Uelis lustige Seite kennen. So erfand er für den Leiter des Feriendorfes – offenbar ein arbeitsloser Philosoph – den Begriff «Monsieur le polyvalent». Der billige Wein, den wir allabendlich in erheblichen Quantitäten konsumierten, hatte den Namen «Farandole» und so verlangte Ueli von uns in den Nachbesprechungen jeweils, dass wir «sans effets farandoliques» zur Besprechung zu erscheinen hatten. Gerade kürzlich fand ich wieder Spuren des enormen Fleisses von Ueli, als ich nach Literatur recherchierte, um den Wikipedia-Eintrag von Arnold Niederer zu ergänzen und einen neuen Eintrag für Paul Hugger zu schreiben. Und sein Name ist natürlich auch im Lötschentaler Museum in Kippel präsent. Im kleinen Buchladen erwarb ich ein paar Schriften, darunter ein schmales Büchlein von Ueli Gyr mit dem Titel «Generation ‹Hoiwun›? Zum Hackbau im Lötschental». Es ist erst 2022 erschienen. Herzliche Gratulation, lieber Ueli!
Dominik Landwehr

Eines Samstags, wir betonierten gerade etwas im Keller, klingelte Ueli, den ich seit einigen Jahren nicht mehr gesehen hatte, bei uns an der Haustüre. Soeben zum Professor berufen, bot er mir eine Stelle als Oberassistent an. Das gab meinem Leben eine unerwartete Wendung.
Der Ueli-Gyr-Witz: Als Ueli in den 1990er Jahren als frischgebackener Professor in Deutschland einen Vortrag hielt, kam ein junger Nachwuchsforscher, der ihn nicht kannte, und sagte: Toll, dass ihr in der Schweiz schon türkischstämmige Professoren habt: Üli Gür.
Walter Leimgruber

Beim «Heiteren Beruferaten», jener Versuchsanstalt der Figurenkunde aus den 60er/70er TV-Jahren, wäre wohl kaum jemand auf die Idee gekommen, mit Ueli Gyr einen Volkskundler vor sich zu haben – nicht einmal, so ist zu vermuten, der smarte «Ratefuchs» Guido Baumann aus der Schweiz. Ueli, der passionierte Sechszylinder-Fahrer und Golfer, hat etwas Seigneuriales, an Luchino Viscontis Film «Gattopardo» Erinnendes: ein vornehmer Weltmann. Und doch hat er sich, wie kein Zweiter, der Nanologie gewidmet. Eine typisch schweizerische Untertreibung? Von Ueli mit seinem zurückhaltenden Wesen werden wir es wohl nie erfahren. Wie auch immer: Herzlichen Glückwunsch Ueli!
Rolf Lindner

Wenn ich könnte …. – würde ich zu Uelis Geburtstag 80 Gartenzwerge und -zwerginnen versammeln, zwei davon (es geht nicht anders) mit dem Golfschläger. Und mich selber anschliessen bei der Parade zu Ehren desjenigen, der den Kitsch so eindrucksvoll unter den Gegenständen kulturwissenschaftlicher Alltagsforschung etabliert hat.
Kaspar Maase

Mit seinen Forschungen zu Kitsch, Tourismus, Witz, Esskultur und vielem mehr hat Ueli Gyr Massstäbe gesetzt, mit Begriffen wie «Heidisierung», «Kuhverkultung» oder «Alpinisierung von Städten» der trockenen Wissenschaftssprache getrotzt. Ich verbinde mit Ueli Intellekt, Esprit, Humor, Musikalität, Freude an technischen Innovationen und eine jahrzehntelange Freundschaft.
Johannes Moser

Ueli Gyr hat mir ein Universum an Fachdebatten eröffnet, das innovative Perspektiven auf kulturell geregeltes kommunikatives Verhalten, die entlastende Funktion von Ritualen beim Reisen oder visuelle Kultur umfasste, um nur wenige zu nennen. Er hat das «farbige Rauschen» der Alltagswelt feinsinnig und präzise eingefangen. Für die wunderschöne Zeit am Seminar und die Freiheit, die er mir immer liess, kann ich nur Danke sagen mit einem Satz von Ramuz: «C'est à cause que tout doit finir que tout est si beau.»
Gabriela Muri

Ueli Gyr war ein angenehmer, kompetenter, von mir sehr geschätzter Chef, für den ich gerne arbeitete. Und ich profitierte dabei auch von seinem breiten Wissen und dessen Weitergabe in seinen Vorlesungen und zahlreichen dem aktuellen Alltag geltenden und oft originellen Publikationen, die – stets relevant bleibend – auch den Humor und Witz nicht ausliessen.
Regula Näf

Wie ein Chirurg sezierst du das Alltägliche, wie ein Archäologe bringst du Schicht für Schicht das Unscheinbare ans Licht, wie ein Ethnologe schaust du auf das Eigene. So hast du mich gelehrt, Sinnhaftigkeiten und Bedeutungen zu verstehen und im Kleinen das Ganze zu sehen. Deine stets selbstreflexive, oft humorvolle und immer zutiefst gesellschaftspolitische Weise, die Lebenswelt zum Forschungsgegenstand zu machen, ist ein grosses Geschenk, das du mir mit auf meinen Weg gegeben hast. Zu deinem runden Geburtstag gratuliere ich dir von Herzen, lieber Ueli.
Rebecca Niederhauser

Ueli Gyrs Arbeiten haben uns aufgezeigt, wie sich aus den kleinsten unscheinbarsten Dingen auf die Verfasstheit der Welt schliessen lässt. In diesem Sinn betrachte ich die Kirsche auf seiner Geburtstagstorte und sehe ein Panorama der kulturellen Symbolproduktion: den Schwarzwald, den Swiss Finish, die japanische Kirschblüte, das Tüpfli auf dem i, den kunstvollen Feinschliff, den roten Punkt. Danke, Ueli.
Marius Risi

Ich erinnere mich mit Vergnügen an Ueli Gyrs brillante, stets souverän-innovative Tagungsouvertüren und wünsche ihm mit Eric Idle «Always Look on the Bright Side of Life». Alles Gute zum Geburtstag!
Johanna Rolshoven

Mit Ueli Gyr habe ich als für Film Zuständiger zahlreiche Seminare bestritten, in denen zu verschiedensten Themen Filmprojekte entwickelt wurden. Ueli hat mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem profunden Wissen wesentlich zum Reichtum und der Vertiefung dieser Themen beigetragen. Ich schätzte seinen kollegialen Umgang mit Studenten, Studentinnen und mir und bin ihm dankbar für seinen Beitrag an die vielen Filme, die wir gedreht haben.
Hans-Ulrich Schlumpf

Lieber Ueli
Lange ist’s her – herzlichen Dank für deine universitäre Gastfreundschaft in Zürich, die mir nicht nur hilfreich war, sondern Kopf und Sinn geöffnet hat für die Volkskunde der Schweiz, für Richard Weiss, Alp-Wirtschaft, Kühe und Kuhverkultung, Heidiland, C.F. Ramuz, das Welschland und so vieles mehr... All deine Arbeiten waren eine gute Schule, wie Pointen gesetzt werden sollten, und haben einem gezeigt, dass man Komplexes auch einfach und klar erzählen kann – schnörkellos, schlicht, verständlich. Dafür Dank!
Friedemann Schmoll

Ich durfte Ueli von 2007 bis zu seiner Emeritierung 2010 als Verwaltungsassistentin unterstützen und be-wunderte seine Ruhe in Zeiten, als es turbulent wurde. Nach der Zusammenlegung der beiden Vorgängerfächer zum Studienfach «Populäre Kulturen» stiegen die Studierendenzahlen stark an, es folgte ein auferlegter Umzug nach Oerlikon und das Aufgleisen von Uelis Emeritierung. Bei all dem blieb er gelassen. Manchmal kam Ueli in mein Büro und erzählte einen neuen Witz, und ich musste herzhaft lachen. Besonders schätzte ich den Einbezug der Mitarbeitenden. Alle nahmen an einer monatlichen Teamsitzung teil, an der wir über breitgefächerte Belange diskutierten. So entstand ein wohltuendes Arbeitsklima. Zudem war Ueli ein sehr grosszügiger Vorgesetzter, der das Weihnachtsessen aus eigener Tasche bezahlte. Nach seiner Emeritierung pflegte er mehrere Mitarbeitende persönlich in sein Heim einzuladen, wo er uns köstliche Gerichte zubereitete. Er war ein Gourmet und ein toller Koch. Noch einmal möchte ich mich von Herzen dafür bedanken, lieber Ueli, dass ich dabei sein und von deiner Gastfreundschaft profitieren durfte, und ebenso für die schönen Jahre, die ich an deinem Institut arbeiten durfte. Sie bleiben mir unvergessen.
Beatrice Schwitter

Lieber Ueli
Vor über 30 Jahren warst du Gastdozent an der Uni Basel und ich habe mit Begeisterung deine Vorlesungen über Tourismus und nonverbale Kommunikation besucht. Als Pendlerin zwischen Brienz und Luzern ist für mich der Tourismus allgegenwärtig. Wenn mir asiatische Gäste zu nahe kommen, denke ich «Aha, Proxemik!» (kulturell unterschiedliches Nähe-Distanzverhalten). Und ich habe extra die ganze Netflix-Serie «Crash Landing on You» geschaut, um die südkoreanischen Gäste besser zu verstehen, die nach Iseltwald am Brienzersee pilgern und fünf Franken für eine Selfiesession auf dem berühmten Steg bezahlen. Dass ich alldem mit Empathie begegnen kann, verdanke ich also auch dir.
Beatrice Tobler

Leise, aber bestimmt; zurückhaltend, aber zugewandt; stets besonnen und differenziert; am Alltag interessiert, aber nicht alltäglich. Ueli rief mich nach Zürich. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Ingrid Tomkowiak

Ueli bin ich bei Tagungen in den Neunzigern – unter anderem dem Kongress der SIEF in Wien – erstmals begegnet. Damals war er weit jünger als ich heute, und ich war noch ein akademischer Jungspund; verstanden haben wir uns aber von Anfang an gut. Was mir in all den Jahren immer besonders gefallen hat: seine sprichwörtliche Verlässlichkeit. Kein dgv-Kongress, bei dem man nicht zuerst ihm über den Weg gelaufen ist! Und was ich später an ihm als besonders bewunderns- und auch liebenswert zu entdecken lernte: Ueli Gyr konnte leidenschaftlich über seine Autoliebe, die technischen Möglichkeiten seines E-Pianos und über die Tücken des Golfspiels reden (heute kann er dies sogar über sein Faible fürs Werbefernsehen und heimatliche Schlagersendungen) und dabei gleichzeitig beide Register ziehen: emotionale Begeisterung und reflektierten Selbstwitz. Sollte nicht genau das den «richtigen» Alltagskulturforscher auszeichnen?
Bernhard Tschofen

Gerne denke ich an meine Zeit als Assistentin und Oberassistentin am Volkskundlichen Seminar und später am Institut für Populäre Kulturen zurück, wo ich 10 wichtige Jahre meiner beruflichen Laufbahn verbracht habe. Ich habe deine fachliche Offenheit und Vielseitigkeit sowie deine ruhige und gelassene Art, das Institut zu führen, immer sehr geschätzt. Besonders gerne erinnere ich mich an die spannenden Exkursionen nach Frankfurt und Hamburg und all die Einblicke, die wir in die dortigen Stadtforschungen gewinnen konnten. Herzlichen Dank dafür, und alles Gute zum runden Geburtstag, lieber Ueli!
Gisela Unterweger

Wir haben uns noch nie getroffen oder gesprochen, lieber Ueli. Dein Werk und Schaffen begegnet mir oft in meiner Funktion als Kassier der EKWS. Gegensätzliche Überschneidungen haben wir definitiv beim Soll und Haben. Alles Gute zum Geburtstag!
Thomas Wenk

Als Professor war Ueli offen und verständnisvoll. Bei der Wahl des damals exotischen Themas meiner Lizarbeit («Messies») hat er mich vollständig unterstützt. Als Vorgesetzter in meiner Zeit als Assistentin schätzte ich den inhaltlichen, methodischen, insbesondere den persönlichen Austausch sehr. Bis jetzt in bester Erinnerung ist mir unsere gemeinsam organisierte Exkursion in die Steiermark – hier verwoben sich Uelis Herzensthemen Tourismus, nonverbale Kommunikation und Esskulturen in Theorie und Praxis kongenial: Das dichte Programm und die unzähligen Degustationen waren durchaus eine physische (Grenz-)Erfahrung. Legendär!
Annina Wettstein

Als mich Ueli Gyr im Dezember 2007 anrief, ahnte ich nicht, wie sehr die Folgen dieses Anrufs mein Leben bereichern würden. Er war damals im Vorstand der Zürcher Sektion der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde (heute EKWS), deren Mitglied ich war. Die Leitung der Sektion bestand nebst ihm aus ebenso stark ausgelasteten Assistentinnen und Assistenten. Was es brauchte, war eine «Hilfskraft», die den Vorstand von administrativen Aufgaben entlasten würde. Ueli Gyr fragte mich also an, ob ich Präsident der Sektion werden wollte. Meine Aufgabe würde vor allem aus dem Vorbereiten und Leiten der Mitgliederversammlung bestehen, keine grosse Sache. Ich zögerte nicht lange, obwohl ich, selbst stark in meinem Beruf ausgelastet, ahnte, dass es vielleicht doch nicht so wenig Arbeit werden könnte. Die 15-jährige Tätigkeit als Präsident der Sektion schenkte mir sehr spannende, anregende und herzliche Begegnungen und Gespräche mit zahlreichen Personen aus dem Fach, mit manchen Gelehrten aus dem In- und Ausland. Dafür werde ich Ueli Gyr immer dankbar sein.
Paul Wicki